Gabriele Hiller-Ohm
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Frage von TIlman K. •

Frage an Gabriele Hiller-Ohm von TIlman K. bezüglich Staat und Verwaltung

GutenTag Frau Hiller - Ohm,

zuallererst nochmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrem erneuten Einzug in den Deutschen Bundestag, das hat uns hier in der Großen Gröpelgrube sehr gefreut. ( Wenn auch der Rest des Landes viel zu schwarz und vor allem gelb gewählt hat ). Aber sei´s drum, Schnee von gestern.

Meine Frage dreht sich ums Thema Wehrpflicht. Als Ex - Zivi versuche ich mich immer zu informieren, wie die aktuelle Lage ist. Wenn ich es richtig verstehe, dann kann schon seit geraumer Zeit nicht mehr von einer Wehrgerechtigkeit gesprochen werden. Diese WG wird von Befürwortern der allg. Wehrpflicht ins Feld geführt und ist per se ja auch nachvollziehbar ( obwohl es nie richtig war, den Zivildienst zeitlich länger anzusetzen, als die Zeit beim Bund ). Von den heute tauglich gemusterten Männern werden aber nur ca. ein Drittel auch tatsächlich eingezogen. Die anderen kommen mit etwas Glück komplett um Bund UND Zivildienst herum. Ist das gerecht? Gegenüber den Zivis und Soldaten? Über die Schnapsidee der 6 Monate kann man nur die Schultern zucken. Wie sehen Sie die Sache? Ist es nicht sinnvoller auf eine hauptberufliche Armee zu setzen? Kostet die zuviel? Was ist der eigentliche Grund der Verweigerung der Politik in dieser Frage?

Bedanke mich schon mal vorab und grüße von Lübecks Insel, wo´s heute schon 3 cm Schnee gehabt hat.

Gabriele Hiller-Ohm
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kleinheins,

ich bedanke mich sehr für Ihre Anfrage zum Thema Wehrpflicht bzw. Wehrgerechtigkeit und Ihre Glückwünsche.

Von den Befürwortern der Wehrpflicht wird unter anderem das Argument angeführt, dass es nur mit einer Wehrpflicht beim Prinzip des „Staatsbürgers in Uniform“ bleibt und somit die Bundeswehr ein Abbild der (männlichen) Bevölkerung darstellt.

Laut Artikel 12a, Absatz 1 des Grundgesetzes ist eine Wehrpflicht möglich. Das Bundesverfassungsgericht hat darüber hinaus aber entschieden, dass - sofern die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr gewährleistet bleibt - auch eine Freiwilligenarmee die im Grundgesetz verankerte Aufgabe zur militärischen Landesverteidigung übernehmen kann (vgl. BVerfGE 48, 127).

Die Wehrpflicht ist also verfassungskonform. Die Abschaffung der Wehrpflicht ist somit eine politische Frage.

Die jetzige Regelung führt vermehrt dazu, dass viele junge Männer eines Jahrgangs nicht einberufen werden. Im Jahr 2003 wurden zum Beispiel 34 Prozent der erfassten Wehrpflichtigen des Jahrgangs zu keinem Dienst verpflichtet. Vielleicht mildert die jetzt von der neuen Regierung beschlossene Wehrdienstverkürzung auf sechs Monate die Verzerrung bei der Einberufung innerhalb der jeweiligen Jahrgänge ab. Die Frage ist aber, ob eine Dienstzeit von maximal sechs Monaten, von denen noch Fehlzeiten wie Urlaub, etc. abgezogen werden müssten, überhaupt noch Sinn macht und man darüber - wie Sie sagen - nur mit den Schultern zucken kann.

Aus meiner Sicht stellt sich generell die Frage, ob das Modell der Wehrpflichtigen-Armee überhaupt noch für die Bundeswehr zeitgemäß ist. Das Hauptaugenmerk der Sicherheits- und Verteidigungspolitik liegt heute auf der Terrorismusbekämpfung. Um den Terrorismus adäquat zu bekämpfen, helfen Soldaten wenig. Auch für die Auslandseinsätze wäre aus meiner Sicht eine Armee aus Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit besser geeignet. Die Bundeswehr braucht Spezialisten und keine Praktikanten.

Persönlich favorisiere ich, den Wehr- bzw. Zivildienst umzugestalten. Das kann aus meiner Sicht nur in Richtung eines freiwilligen Dienstes gehen, der Frauen und Männern offen steht. Insbesondere der „Dienst am Menschen“ ist eine wertvolle Erfahrung, die ein Mensch sammeln sollte. Es liegt dann an den jeweiligen Einrichtungen, für diesen freiwilligen Dienst zu werben. Natürlich muss die Politik auch hier Rahmenbedingungen setzen und Anreize schaffen, zum Beispiel in Richtung einer Mindestentlohnung oder einer Bevorzugung bei der Studien- oder Ausbildungsplatzvergabe.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm