Portrait von Klaus-Peter Schulze
Klaus-Peter Schulze
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Klaus-Peter Schulze zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Annett Z. •

Frage an Klaus-Peter Schulze von Annett Z. bezüglich Soziale Sicherung

Seit 2005 erhalten nunmehr die Krankenkasse Ihre Beiträge einen Monat im voraus. Das heißt, Sie bekommen Geld, dem gegenüber eine Leistung des Arbeitnehmers erbracht wurde! Der Arbeitgeber geht immer in Vorleistung, wo gibt es denn das? Wann erfolgt die Rücknahme der Vorfälligkeit SV-Beträge?

Portrait von Klaus-Peter Schulze
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Zeuner,

die Fälligkeit der Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages wurde zum 1. Januar 2006 geändert, da die bisherige Fälligkeitsregelung finanziell nicht mehr tragbar gewesen wäre. Durch die vorgezogene Frist wurde die Liquidität der Sozialversicherung verbessert und es wurde sichergestellt, dass die Sozialversicherung termingerecht ihre Leistungen bereitstellen kann. Der Gesetzentwurf wurde seinerzeit von Gewerkschaften und Sozialverbänden begrüßt. Auch seitens der Arbeitgeber wurde und wird kein Anstieg des Beitragssatzes gewünscht. Das konnte mit der fraglichen Regelung sichergestellt werden. Zwar stellten die Arbeitgeber fest, dass es bei einigen Unternehmen in einzelnen Branchen zu einem zusätzlichen Arbeitsaufwand kommen könnte, die Maßnahme wurde jedoch als machbar bezeichnet.

Nachdem es tatsächlich zu Erschwernissen für Unternehmen mit schwankenden Mitarbeiterzahlen und Entgelten gekommen war, trat auf aktives Betreiben der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hin zum 26. August 2006 eine Vereinfachungsregelung in Kraft. Seitdem ist die Zahlung des Beitragsvorschusses in der Höhe des abgerechneten Vormonatsergebnisses zulässig und nicht mehr wie bisher die Zahlung der voraussichtlichen Beitragsschuld. Mit einem solchen pauschalierten Verfahren kann die Entgeltabrechnung insgesamt auf einen Termin im Monat konzentriert werden. Der Ausgleich zwischen Pauschalzahlung und tatsächlicher Beitragsschuld erfolgt in der Entgeltabrechnung im Folgemonat. Die bisher notwendige Schätzung der voraussichtlichen Beitragsschuld ist seither entbehrlich. Dadurch hat sich für die besonders betroffenen Unternehmen eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung eingestellt. Die Regelung hat sich bewährt und der Mehraufwand hält sich in überschaubare Grenzen.

Ich habe durchaus Verständnis für Ihre Forderung, die teilweise in unseren Reihen unterstütz wird. Auch wir haben deshalb innerhalb der Fraktion und in der dort zuständigen Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales über eine Rückführung der Vorfälligkeitsregelung beraten. Mir ist klar, dass man sich von der Abschaffung eine Entlastung von Bürokratie verspricht. Zudem wird angeführt, dass die Regelung nicht mehr erforderlich sei, weil sie zur Rettung der damals klammen Sozialkassen gedacht war. Allerdings ist auch zu bedenken, dass die bis 2005 geltenden Zahlungsfristen der Sozialversicherungsbeiträge historisch in der damals noch manuellen Buchungstechnik begründet waren. Die alten Fristenregelungen sind aufgrund des Einsatzes elektronischer Verfahren nicht mehr zeitgemäß. So wäre der mit den früheren Fristen einhergehende Zins- und Liquiditätsvorteil für die Unternehmen – zulasten der durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam finanzierten Sozialversicherung – heute nicht mehr zu rechtfertigen.

Darüber hinaus würde sich durch die Mehrbelastung der Sozialversicherung bei einer Rücknahme der Regelung und Wiederherstellung der früheren Fälligkeitsdaten deren Finanzausstattung massiv verschlechtern und es wären höhere Beitragssätze erforderlich als nach geltendem Recht. So würden als Konsequenz allein in der gesetzlichen Rentenversicherung die Rücklagen um rund 15,3 Milliarden Euro einbrechen. Auch wären die Beitragssatzsenkungen in der Rentenversicherung vor allem in den Jahren 2012 und 2013 nicht möglich gewesen. Würden im laufenden Jahr nur elf Monatsbeiträge eingehen, müsste außerdem der Beitragssatz wieder um 0,2 % angehoben werden, wohingegen er nach geltendem Recht bis 2018 bei 18,7 Prozent verbleiben kann. Uns war es wichtiger, stattdessen Arbeitnehmer wie Arbeitgeber durch eine deutliche Absenkung des Beitragssatzes von 19,9 Prozent über 19,6 Prozent auf 18,7 Prozent zu entlasten.

Auch in den anderen Zweigen der Sozialversicherung müsste mit steigenden Beitragssätzen gerechnet werden. Für die Arbeitslosenversicherung würde ein Verschieben des Fälligkeitstermins geschätzte Mindereinnahmen von rund 1,8 Milliarden Euro verursachen. In der Krankenversicherung würden Liquiditätsverluste von rund 9,3 Milliarden Euro und in der Pflegeversicherung von rund 1,3 Milliarde Euro entstehen. In der Krankenversicherung würde die Liquiditätsreserve schmelzen mit möglichen Folgen wie dem Vorziehen des Bundeszuschusses oder einem Darlehen an den Gesundheitsfond. In der Pflegeversicherung wäre ein Anstieg von rechnerisch 0.1 Beitragssatzpunkten zu erwarten. Eine solche Entwicklung dürfte weder im Interesse der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer sein. Außerdem würde eine solche Änderung zu einem erheblichen Umstellungsaufwand bei den betroffenen Unternehmen und den Sozialversicherungsträgern und zu einer möglichen Gefährdung der Liquidität in der Rentenversicherung bei der Auszahlung der Renten im letzten Bankarbeitstag im Monat führen.

Aus den genannten Gründen ist es derzeit nicht wahrscheinlich, dass sich die Rückkehr zur alten Fälligkeitsregelung durchsetzen lässt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Klaus-Peter Schulze MdB