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Michael Fuchs
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Frage von Winfried K. •

Frage an Michael Fuchs von Winfried K. bezüglich Recht

Sehr gehrter Herr Dr. Fuchs,

wie wird sich die CDU, im Falle eines Wahlsieges, zur Einführung von Volksentsscheiden und Volksbegehren entscheiden?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Köhler,

wie jeder weiß, hat die rot-grüne Koalition ihrer Klientel erneut die Einführung von Plebisziten im Koalitionsvertrag versprochen, nachdem sie vor zwei Jahren mit ihrem verfassungswidrigen Gesetzesentwurf gescheitert war. Gleichzeitig ist aber auch bekannt, dass sowohl der Kanzler als auch Außenminister Fischer Volksentscheide ablehnen.
Nun muss man zwischen der jüngsten Frage des Plebiszites zur EU-Verfassung und einem grundsätzlichen Volksentscheid unterscheiden:

Ein Plebiszit zum EU-Verfassungstext stünde unter der Gefahr, zu einer Abstimmung für oder gegen Europa zu werden. Zudem könnte die EU-Verfassung für eine Abrechnung mit der derzeitigen Regierungspolitik missbraucht zu werden. Die Bedeutung der Bundesrepublik innerhalb der Europäischen Union erfordert aber Berechenbarkeit, Handlungsfähigkeit und klare Verantwortlichkeit. Dieses ist bei Plebisziten nicht gegeben.

Die SPD spricht übrigens bisher überhaupt nicht von einem Volksentscheid, sondern von einem Referendum. Dass heißt, eine Zweidrittel-Mehrheit der Bundestagsparteien muss sich überhaupt erst mal dafür entscheiden, dass das Volk gefragt wird. Das lehne ich in jedem Falle ab, weil das ja nichts mit Volksentscheiden zu tun hat, sondern es erweitert im Grunde nur den taktischen Instrumentenkasten der Parteien.

Die generelle Einführung von Plebisziten ist eine Grundsatzfrage, die nicht einzelfallbezogen entschieden werden darf. Die Entscheidung des Grundgesetzes für eine ausschließlich parlamentarische Gesetzgebung fußt auf dem Willen und der Erkenntnis, dass die auf Bundesebene zu treffenden gesetzgeberischen Entscheidungen komplex und deshalb in einem differenzierten demokratischen Gesetzgebungsverfahrens durchzuführen sind. Dabei sollte es aus folgenden Gründen auch bleiben:

Durch die Verankerung von Volksentscheiden im Grundgesetz kann das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik nicht gestärkt werden. Plebiszite erlauben nicht die Kompromisse, die Wesensinhalt der Demokratie sind. Sie blenden die Orientierung am Gemeinwohl sehr oft aus.

Der von SPD und Grünen vorgelegte Gesetzentwurf zur Einführung von Volksinitiativen, -begehren und -entscheiden ins Grundgesetz verstößt gegen Art. 79 Abs. 3 unseres Grundgesetzes: Danach ist eine Änderung des Grundgesetzes unzulässig, wenn - wie von der rot-grünen Koalition geplant - "die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung (...) berührt" wird. Verfassungswidrige Gesetze aber können die Zustimmung der Union nicht finden!
Zudem wäre mit den völlig unzureichenden Quoren das Mehrheitsprinzip als Grundidee der Demokratie verletzt worden: Es ist keine Mehrheit, wenn einfache Gesetze mit 10% plus einer Stimme und Verfassungsänderungen mit 26,7% zustande kommen sollen. Dies führt zur Herrschaft von Minderheiten, verletzt grundlegende demokratische Prinzipien und kann daher unsere Zustimmung nicht finden.
Inhaltlich widersprüchlich war auch der Ausnahmekatalog, nach dem das Volk laut Rot-Grün ausgerechnet über Steuern oder den Haushalt nicht abstimmen soll. Bei dem rot-grünen Gesetzentwurf handelt es sich deshalb um Blendwerk zur Veranstaltung rot-grünen Wahlkampfgetöses.

Für die Zukunft kommt es darauf an, das parlamentarische System weiter auszubauen, nicht aber, es abzubauen. Verantwortung muss gestärkt, nicht geschwächt werden.
Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Michael Fuchs MdB