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Michael Roth
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Frage von Uwe C. •

Warum verhängt die Bundesrepublik keine Sanktionen gegen Israel wegen der sogenannten Siedlungspolitik im nahen Osten?

Hallo Her Roth,
die Bundesregierung droht Russland im Falle eines militärischen Einmarsches in die Ukraine mit Sanktionen , und das auch zu Recht nach meiner Meinung!
Israel betreibt seit zig Jahren eine sogenannte Siedlungspolitik im nahen Osten, die letztendlich nichts anderes ist, wie Landraub, in dem einfach Teile von anderen Ländern besetzt werden.
Warum droht die Bundesrepublik nicht auch Israel mit Sanktionen?
Warum wurde bisher in dieser Sache nichts gegen Israel unternommen?
Bitte jetzt nicht als Antwort, dass wir gegen Israel eine besondere historische Verpflichtung haben (6 Millionen ermordete Juden).
Diese Verpflichtung hätten wir ja dann auch Russland gegenüber bei über 20 Millionen Toten Sowjetbürgern im 2. Weltkrieg.
Das wir uns richtig verstehen, ich verurteile die Besetzung der Krim durch Russland genauso, wie die sogenannte Jahrzehnte lange Siedlungspolitik Israels.
Letztendlich ist es in beiden Fällen die Besetzung eines fremden Territoriums!

Uwe C.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr C.,

für Ihre Nachricht vom 18. Januar 2022 zum Thema „Sanktionen gegen Israel“ bedanke ich mich und nehme hierzu gerne Stellung. 

In der Krise zwischen Russland und der Ukraine befinden wir uns in einer Situation massiver militärischen Zuspitzung, in der Russland 100.000 gefechtsbereite Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen hat. Die Verantwortung für diese Eskalation ist einseitig und liegt alleine bei den Entscheidungsträgern in Moskau. Wir müssen ein deutliches Signal nach Russland aussenden und klar stellen, dass wir diese wiederholten Provokationen und Brüche des Völkerrechts nicht einfach achselzuckend hinnehmen werden. Unsere Sprache und die Sprache unserer Partnerinnen und Partner in der Europäischen Union ist die der Diplomatie. Wenn wir dabei eine militärische Antwort ausschließen, bedeutet das im Umkehrschluss aber selbstverständlich auch, dass alle anderen Optionen zur Intervention auf den Tisch kommen müssen. Empfindliche Sanktionen sind in diesem Konflikt ein probates Mittel, um den Druck auf Russland zu erhöhen.

Der israelisch-palästinensische Konflikt ist auch nach Jahrzehnten voller Gewalt noch immer nicht gelöst. Immer wieder kommt es wechselseitig zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen beiden Konfliktparteien. Die Sicherheit Israels ist für die Bundesrepublik Deutschland Staatsräson und deshalb zu keinem Zeitpunkt verhandelbar. Dieses Bekenntnis haben auch die Koalitionsparteien aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP in ihrem Koalitionsvertrag abermals bekräftigt. Die Zwei-Staaten-Lösung in den Grenzen von 1967 bleibt hierbei auch weiterhin die Grundlage, für die sich die Bundesregierung einsetzen wird. Einseitige Schritte – ganz gleich von welcher Seite sie ausgehen mögen – stellen dagegen Hindernisse für den Friedensprozess dar und müssen unterbleiben. Von der palästinensischen Seite erwarten wir endlich deutliche Fortschritte im Bereich der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und der Einhaltung von Menschenrechten. Dies schließt den Verzicht jeglicher Form der Gewalt und deren Förderung mit ein. Gegenüber Israels anhaltender Siedlungspolitik beziehen wir ebenso klar Stellung und fordern ein Ende des völkerrechtswidrigen Siedlungsbaus, weil hierdurch ebenfalls die Möglichkeiten für einen Friedensprozess eingeschränkt werden. Gemeinsam mit ihren Partnerinnen und Partnern in der Europäischen Union wird sich die Bundesregierung weiterhin für eine einvernehmliche Verhandlungslösung einsetzen, die den legitimen Forderungen beider Konfliktparteien gerecht wird.

Zusätzlich unterstützt die Bundesregierung den eingeleiteten Friedensprozess im Nahen und Mittleren Osten aktiv durch zivile und vertrauensbildende Maßnahmen. So soll beispielsweise der Aufbau eines deutsch-israelischen Jugendwerks in die Wege geleitet werden. Ebenso soll das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten weiter finanziell unterstützt und durch einen unabhängigen Monitoringprozess begleitet werden, um möglichen Fehlentwicklungen frühzeitig zu begegnen.

Wie Sie sehen, sehr geehrter Herr C., sind die Konstellationen der angesprochenen Konflikte grundverschieden und benötigen aus meiner Sicht daher auch unterschiedliche Herangehensweisen, die sich im geschilderten Instrumentarium widerspiegeln.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen behilflich sein konnte. Bleiben Sie gesund und geben Sie weiter gut auf sich Acht.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth

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