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Omid Nouripour
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Frage von Konstantin H. •

Frage an Omid Nouripour von Konstantin H. bezüglich Verkehr

Herr Nouripour,

Wie ist ihre Position zum Thema der Störerhaftung?

Obwohl alle Parteien immer wieder betonen, wie wichtig Zugang zum Internet in Deutschland ist und wie man den fördern soll, werden eher Schritte unternommen um das Gegenteil zu erreichen.

In dieser Stellungnahme wird gut dargestellt, warum der momentan besprochene Entwurf nicht den Zielen dient, die wie ein Mantra zwar seit Jahren vor sich hin gemurmelt aber denen irgendwie keine Taten Folgen.

http://freifunkstattangst.de/2015/03/05/tmg-gesetzesentwurf-wuerde-zu-mehr-rechtsunsicherheit-und-negativen-effekt-auf-die-verbreitung-von-funknetzwerken-fuehren/

Wie will Deutschland ohne massive Liberalisierung des Zugangs sowie Investitionen in die Netz-Infrastruktur überhaupt in die Nähe von Südkorea oder USA kommen?

Viele Grüße,
Konstantin Heidt

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Heidt,

vielen Dank für Ihre Frage vom 11. März 2015 zum Thema Störerhaftung.
Das Thema Störerhaftung ist seit Jahren Gegenstand intensiver politischer Debatten, auf die wir Grüne immer wieder aufmerksam gemacht haben. Die Bundesregierung hat vergangene Woche tatsächlich ihren Gesetzentwurf zur Änderung des Telemediengesetz hinsichtlich der Störerhaftung bei Funknetzen vorgestellt. Dieser Gesetzesentwurf ist, wie bereits von Ihnen dargestellt, ein Schritt in die völlig falsche Richtung.

Mit dem nun vorgelegten Entwurf behebt sie die, seit Jahren bestehende Rechtsunsicherheit bei Funknetzen nicht. Im Gegenteil: Während offene Netze überall auf der Welt längst Standard sind, baut die Große Koalition weitere Zugangsbarrieren auf. Kommerzielle Anbieter werden verpflichtet, ihre Netze zu sichern, unter anderem durch „anerkannte Verschlüsselungsverfahren“. Zudem sollen Nutzer durch das Setzen eines Häkchens versichern, keine illegalen Handlungen vollziehen zu wollen. Der schnelle Bezahlvorgang an der Supermarkt-Kasse über Mobile-Payment-Modelle wird damit verhindert.

Private Anbieter sollen sogar verpflichtet werden, eine namentliche Registrierung ihrer Nutzer zu verlangen. Eine solche Verpflichtung kennen wir bisher nur aus autoritären Ländern. Sie erinnert stark an Debatten um ein „Vermummungsverbot“ im Internet, die wir längst überwunden glaubten. Die Bundesregierung, die in ihrer Digitalen Agenda verspricht, die Anonymität im Netz auszubauen, geht auch hier in die exakt andere Richtung: Statt die Chancen einer größeren Verbreitung von freien Funknetzen zu begreifen, sieht sie WLAN-Netze als „Einfallstor für anonyme Kriminalität“. Eine steigende Verbreitung von Netzanbindungen durch Privatpersonen und Freifunkinitiativen, die ihren Anschluss bereitwillig mit anderen teilen, wird so blockiert. Damit konterkariert die Bundesregierung ihre Ausbauziele beim schnellen Internet. Vor allem Freifunk kann ein Mittel sein, Menschen digitale Teilhabe zu ermöglichen.

Ich versichere Ihnen, dass ich als Frankfurter Bundestagsabgeordneter gemeinsam mit meiner Fraktion im Bundestag in den nächsten Wochen und Monaten alles daran setzen werde, dass sich die schwarz-roten Regierungsfraktionen auf die seit langem vorliegenden gesetzlichen Vorschläge der Opposition besinnen und eine Änderung des Telemediengesetzes vornehmen, die keine netzpolitische Katastrophe darstellt.

Mit freundlichen Grüßen,
Omid Nouripour

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