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Petra Sitte
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Frage von Gertrud M. •

Frage an Petra Sitte von Gertrud M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Sitte,

mehr als die Hälfte und damit die Mehrheit der Deutschen ist laut einer aktuellen Umfrage nicht für die als gesetzliche Verpflichtung zur Organ-/Körperspende benannte Widerspruchslösung https://www.zeit.de/news/2019-05/25/umfrage-organspende-fast-50-prozent-fuer-widerspruchsloesung-190525-99-370307 .
Dies ist umso bedeutsamer, da seit Jahren unablässig für die Organ-/Körperspende in allen Medien geworben wird und sie sich persönlich in allergrößter Weise zu jeder Zeit dafür einsetzen.
Sollte diese Umfrage repräsentativ sein und die Befragten auch wissen um was es geht, werden Sie dann Ihr weiteres politisches Überleben an dieses Gesetz binden und im Falle einer Niederlage bei der Abstimmung im Parlament alle Ihre politischen Ämter aufgeben?

Bei einer repräsentativen Umfrage zum Thema Hirntod als Kriterium für den irreversiblen Ausfall des Gehirns, waren 40 Prozent der Befragten der Meinung, unter diesen Umständen dürften keine Organe entnommen werden. Selbst Besitzer eines Organspendeausweises wussten nicht besser Bescheid über das Hirntodkriterium. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/101153/Grosse-Wissensluecken-beim-Thema-Organspende

Sehen Sie unter diesen Umständen nicht die dringende Notwendigkeit einer ausführlichen (Zwangs-)Information der Bürger über die medizinischen Hintergründe und einen für jedermann verständlichen ausführlichen und bildhaften Beschreibungsablauf der Organ-/Körperspende vom Ablegen des Hirntoten auf den OP-Tisch bis zum Verpacken der gewonnenen Organ- und Körperteile und deren weltweite Verteilung?

Mit freundlichen Grüßen
G. M.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau M.,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich Ihnen hiermit gern beantworte.
Ich hoffe sehr, dass der von uns eingebrachte Gruppenantrag im Plenum ausführlich diskutiert und am Ende des Prozesses positiv entschieden wird. Allerdings kann es auch sein, dass unser Gruppenantrag keine Mehrheit findet. Ihre Frage "[..]werden Sie dann Ihr weiteres politisches Überleben an dieses Gesetz binden und im Falle einer Niederlage bei der Abstimmung im Parlament alle Ihre politischen Ämter aufgeben?" halte ich für demokratietheoretisch höchst bedenklich. In unserer demokratischen Gesellschaftsordnung befinden sich die Parteien und Fraktionen im fairen Wettstreit der politischen Ideen und Überzeugungen. Alle Wählerinnen und Wähler drücken Ihre Zustimmung zu dieser oder jener Politik und politischen Richtung mit ihrem Wählervotum aus. Ich wurde erneut in den Deutschen Bundestag gewählt, um die politischen Forderungen, die sich aus unserem Wahlprogramm ergeben, ins Parlament einzubringen und umzusetzen, soweit dies als Oppositionsfraktion gelingen kann. Als Angehörige einer Oppositionsfraktion unterliegt man leider meistens dem ablehnenden Votum der Mehrheitsfraktionen. Dies ist dann aber kein Grund zurück zu treten, sondern im Gegenteil Ansporn weiter gute politische Vorschläge, durch das Einbringen von Anträgen und Gesetzentwürfen, zu unterbreiten. In diesem Sinne werde ich mich auch weiterhin für die Organspende und die Widerspruchslösung engagieren.

Ihre Frage zum Hirntod als Kriterium ist keine einfache und ich habe mir dies im Prozess der Meinungsfindung nicht leicht gemacht. Die Mehrheit des Deutschen Ethikrates und eine überwältigende Mehrheit von Medizinerinnen und Medizinern vertritt die Auffassung, dass der Hirntod irreversibel das Sterben nach sich zieht und insofern ein sicheres Todeszeichen ist und die Spende lebenswichtiger Organe nur zulässig sein darf, wenn der Tod des möglichen Organspenders festgestellt ist (vgl. https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-hirntod-und-entscheidung-zur-organspende.pdf).

Es ist nicht meine Absicht alle Menschen Zwangs zu verpflichten, Organe zu spenden. Aber es ist meine Absicht die Menschen eindringlich zu bitten und dafür zu werben, sich mit der Organspende zu beschäftigen. Dazu sollen alle mündigen Bürgerinnen und Bürger in einem ersten Schritt innerhalb einer mehrstufigen Informationskampagne und zur Organspende und der Widerspruchslösung informiert werden. Ich stelle mir vor, dass der Grad der Befassung mit dieser wichtigen Materie dann auch höher ist.

Mit freundlichen Grüßen,

Petra Sitte

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