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Frage von Andrew P. •

Frage an Ulrich Kelber von Andrew P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Beteiligung der Bundesrep. an Syrieneinsatz!

Sicherlich kann man über die Beteiligung streiten. Das ist unbenommen. Aber ist es nicht ein Armutszeugnis unserer Demokratie, dass eine solch elementare Frage faktisch ohne gesellschaftliche (ich zähle in meiner Naivität das Parlament noch dazu) Meinungsbildung und Diskussion durchgewunken wurde!

Das Parlament gibt sich selbst auf! Jeder einzelne Parlamentarier! Die Parteien kümmern sich um vieles! Aber um eine der Kernaufgabe nicht: Mitwirkung an der Meinungsbildung!

Die gestrige Abstimmung befindet sich in einer Reihe mit Abstimmungen zu Finanzkrisen/Rettungspaketen (immer ganz schnell), oder gar mit Einzelentscheidungen - faktisch ohne Beteiligung des Parlamentes.

Das Parlament lässt sich missbrauchen oder hat sich aufgegeben oder ......

Ach ja, es geht ja um einen Kriegseinsatz. Sicherlich alternativlos!
Wenn alternativlos, dann können wir das Parlament ja auflösen!

Meinen Sie das eine solche Entwicklung für unsere Gesellschaft positiv ist. Das Frage ich einen Parlamentarier, der in der Partei von Willi Brandt ist: "Mehr Demokratie wagen".

Mit freundlichen Grüssen eines besorgten
und entsetzten Bürgers der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2015!
Andrew Paul

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Paul,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur vermeintlichen Selbstaufgabe des Parlaments.

Es ist richtig, dass zwischen der Einbringung des Antrages der Bundesregierung zum Syrien-Mandat bis zur Abstimmung am Freitag nur zwei Tage zur Beratung im Parlament blieben. Trotzdem ist der Eindruck falsch, dass diese Beschluss ohne Diskussion einfach durchgewunken wurde.

Wir diskutieren im Bundestag seit Jahren immer wieder über die Situation in Syrien und den Nachbarländern. Wir unterstützen seit Mitte letzten Jahres die kurdische Peschmerga mit Hilfsgütern und Medizin, seit Anfang diesen Jahres beteiligen wir uns an der militärischen Ausbildung und liefern Waffen, um sie beim Kampf gegen den IS zu unterstützen. Wir lassen uns über diese Einsätze regelmäßig in den Gremien des Bundestages berichten, ebenso wie über die diplomatischen Bemühungen insbesondere von Außenminister Steinmeier (Wien-Konferenzen) und die humanitäre Hilfe in den Nachbarländern. Ich glaube nicht, dass es einen Abgeordneten gibt, der in den letzten zwei Jahre eine Sitzungswoche des Bundestages erlebt hat, in der es nicht irgendwo um den Krieg in Syrien und den IS ging. Und ich glaube auch nicht, dass es irgendeinen Abgeordneten gibt, der nicht in den letzten zwei Jahren dazu viele Briefe/Emails/Anfragen beantwortet hat und an Diskussionsveranstaltungen oder Gesprächen darüber teilgenommen hat.

Die Frage, wie es in Syrien weitergeht, weitergehen könnte/müsste/sollte beschäftigt uns seit langem, mal intensiver, mal weniger intensiv, weil gerade andere Themen im Fokus stehen. Mit den Attentaten in Paris und der Entscheidung der französischen Regierung, sich an den Luftschlägen gegen den IS zu beteiligen und sich gleichzeitig um Beistand an die EU-Mitglieder zu wenden, wurde das Thema wieder nach ganz oben gesetzt und bedurfte einer schnellen Antwort. Diese hat die Bundesregierung mit ihrem Antrag gegeben und der Bundestag hat dem mit großer Mehrheit zugestimmt. Und wie immer werden wir auch diesen Einsatz der Bundeswehr aufmerksam begleiten, uns regelmäßig berichten lassen und weiter darauf hoffen, dass auch die diplomatischen Bemühungen zu ersten Erfolgen führen.

Ich kann verstehen, dass manchmal der Eindruck entsteht, dass der Bundestag nur noch durchwinkt, was die Bundesregierung bereits entscheiden hat, dabei wird aber komplett verdrängt, dass wir uns mit den meisten Themen schon sehr lange beschäftigt haben, bevor es zu einem Antrag/Gesetzentwurf o.ä. der Bundesregierung kommt. Auch die Hilfspakete für Griechenland oder die Banken sind ja nicht plötzlich und überraschend gekommen, sondern waren Ergebnisses langer Verhandlungen in Brüssel, über die die Bundesregierung vor, während und nach Abschluss im Bundestag berichtet hat. Dies wird gerne verdrängt oder von den Oppositionsparteien als "stil- und würdelos" kritisiert (haben wir als SPD in den Oppositionsjahren auch immer kritisiert), aber es ändert doch nicht an der Tatsache, dass wir die meisten Entscheidungen nicht nur durchwinken und abnicken. Und wenn es dann tatsächlich einmal schnell gehen soll oder muss, ist es doch gut zu wissen, dass der Bundestag auch dies kann. Ansonsten wird uns meist unsere "lange Leitung" vorgeworfen.

Tatsächlich kritisierenswert an den Ereignissen der letzten Woche finde ich, dass die Medien die Beschlussvorlage des Bundeskabinetts deutlich vor den Bundestagsabgeordneten hatten. Da wird sich die Bundesregierung tatsächlich fragen lassen müssen, ob sie die Prioritäten richtig setzt bzw. ihre Kanäle nicht dirchthalten kann.

Mit freundlichem Gruß
Ulrich Kelber