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Ulrich Petzold
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Frage von Gerhard R. •

Frage an Ulrich Petzold von Gerhard R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Petzold,

zu

http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/index.html

War das dort beschriebene Ergebnis des Afghanistankrieges(keine entscheidende Verbesserung der Sicherheitslage) nicht vorhersehbar?

Gibt es in der Welt jetzt mehr oder weniger Terrorismus als zu Beginn des Krieges?

Wofür sind viele Menschen gestorben und wurden viele Milliarden ausgegeben?

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Reth,

die Art des Angriffs auf die westliche zivilisierte Welt war durch den Terrorangriff islamischer Fundamentalisten auf das New Yorker WTC bislang undenkbar und in seinen Ausmaßen unvorstellbar. Hier musste nicht nur Amerika, hier musste die Weltgemeinschaft reagieren. Deutschland hat sich daher als Teil der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan engagiert, da hier die Keimzelle und der Rückzugs- und Schulungsraum terroristischer Zellen ausgemacht werden konnte. Durch den Einsatz der internationalen Gemeinschaft sollte verhindert werden, dass Afghanistan wieder zum Rückzugs­raum internationaler Terroristen wird. Der Einsatz der Bundeswehr war und ist im dringenden Interesse der Sicherheit unseres Landes.

Unsere Sicherheit wird heute von Entwicklungen gefährdet, die weit außerhalb unserer Grenzen entstehen können. Siehe auch die Piratenüberfälle und Entführungen ziviler Transportschiffe in internationalen Gewässern am Horn von Afrika. Die Sicherheit und Stabilität Afghanistans wirken sich daher unmittelbar auf uns aus.

Die Terrorangriffe von New York, Washington, Madrid und London hatten ihren Ursprung in den Ausbildungslagern von Al Qaida und der Taliban. Einige der dort ausgebildeten Terroristen haben inzwischen auch in Deutschland verheerende Terroranschläge geplant (Sauerland-Gruppe).

Wir müssen den Gefahren für Sicherheit und Freiheit unseres Landes dort begegnen, wo sie entstehen. Afghanistan darf nicht wieder zu einem gescheiterten Staat werden, von dem aus Terroristen gegen uns agieren können. In Somalia oder auch in Malawi sehen wir leider ähnliche Entwicklungen, wo zusammenbrechende Staaten durch islamistische Fundamentalisten vom Schlage der Al Qaida und der Taliban in diesen rechtsfreien Raum stoßen und ihre Terrorherrschaft verbreiten. Sie destabilisieren ganze Regionen! Ein politischer Dialog ist von den Extremisten nicht gewollt und kaum möglich, was die politischen Handlungsspielräume massiv einschränkt. Mit der Afghanistanerfahrung im Rücken wissen wir natürlich auch um die Schwierigkeit einer militärischen Lösung.

Der Einsatz der Bundeswehr bleibt Ultima Ratio. Sicherheit kann es auf Dauer nicht ohne Entwicklung und eine politische Lösung geben. Aber Sicherheit ist die Voraussetzung jeder Entwicklung und dafür, dass in Afghanistan nicht wieder Brutstätten des internationalen Terrorismus ent­stehen, die uns in Europa und der Welt bedrohen.

Seit 2010 wurden die jährlichen Mittel für den zivilen Aufbau von 220 Mio. Euro auf bis zu 430 Mio. Euro pro Jahr bis 2016 verdoppelt. Der Fokus unserer an klare Bedingungen geknüpfte Förderung liegt auf guter Regierungsführung und ländlicher Entwicklung.

Beim Wiederaufbau konzentrieren wir uns in Nordafghanistan auf die Bereiche Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, Wirtschafts­entwicklung und gute Regierungsführung. Beispiele für die Zeit seit 2009 sind:

94.000 Lehrerinnen und Lehrer wurden an Grund- und weiterführenden Schulen aus- bzw. fortgebildet. Der Neubau bzw. die Instandsetzung von 525 Grund- und weiterführenden Schulen wurde finanziert. Schulen wurden für Mädchen selbstverständlich geöffnet. Wir wollen (Berufs-)Schulen und die Ausbildung von Lehrpersonal für bis zu 500.000 Kinder und Jugendliche finanzieren.

197.000 Mikrokredite wurden vergeben, davon 30.000 an Frauen zur Förderung unternehmerischer Tätigkeit. Über 2.800 Kleine und Mittlere Unternehmen konnten mit Hilfe der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft über 28.000 Arbeitnehmer beschäftigen. Durch Unterstützung der ländlichen Entwicklung und Förderung der lokalen Wirtschaft wurde Einkommen und Beschäftigung geschaffen.

610 Kilometer Straße wurden neu gebaut oder instandgesetzt. Die Stromversorgung wurde für 1,2 Mio. Menschen ausgebaut. In den Schwerpunktprovinzen des deutschen Kontingents in Nordafghanistan hat sich inzwischen für 461.000 Menschen die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und / oder Strom verbessert.

Durch unsere Unterstützung auf allen Ebenen des Gesundheitswesens erhalten bis zu 5 Mio. Menschen medizinische Basisversorgung. Der Aufbau von Krankenhäusern in den vier Nordostprovinzen schreitet weiter voran.

Wir fördern die afghanische Eigenverantwortung und unterstützen die Provinz- und Distriktverwaltungen zur Verbesserung ihrer Leistungen und stärken den Justizsektor durch gezieltes Training und Ausbildung.

Bei allen Rückschlägen, die man natürlich auch in diesem Teil der Welt und bei so einer Herkulesaufgabe immer wieder erlebt, so sind doch wesentliche zivilgesellschaftliche Grundlagen geschaffen worden, die die Afghanen jetzt eigenverantwortlich weiterführen müssen. Wir wissen natürlich, dass die Region des Nahen Ostens auch weiterhin Brennpunkt für blutige Konflikte bleiben wird. So wird die Weltgemeinschaft über die UN, die EU und auch immer wieder über bilaterale Kontakte nicht nachlassen, friedliche Lösungen zu finden. Nur kann nichts tun und zuschauen nicht die Lösung sein.

Ulrich Petzold