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Jens Zimmermann
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Frage von Dr.Dietrich S. •

Ich habe Sorge, dass ich trotz der Eindeutigkeit des Bundesverfassungsgerichtsurteils keine professionelle Suizidhilfe in Anspruch nehmen könnte. Setzen Sie sich für eine professionelle Suizidhilfe e?

Es ist gut, dass man eine palliative Versorgung und eine Betreuung im Hospiz am Lebensende wählen kann. Doch genauso möchte ich die Freiheit haben, unbürokratisch eine Freitodbegleitung wählen zu dürfen, um mein Leben schmerz- und risikofrei beenden zu können, zu einem selbstgewählten Zeitpunkt, mit Helfern meiner Wahl.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Dr. S.,

 

vielen Dank für Ihre Nachricht. Das Thema Sterbehilfe ist eines der schwierigsten Themen, mit denen ich mich als Parlamentarier bisher befasst habe. Meiner Wahrnehmung nach geht es vielen Kolleg:innen ähnlich.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2020 das 2015 beschlossene Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Sterbehilfe gekippt. Damit ist es nicht mehr strafbar, anderen Menschen beim Suizid zu helfen, auch wenn dies geschäftsmäßig geschieht – also etwa durch Vereine, die regelmäßig beim Sterben helfen und dazu tödliche Medikamente beschaffen. Mangels einer gesetzlichen Neuregelung blieb die Lage für Betroffene jedoch kompliziert. Der Deutsche Bundestag muss nun zügig eine gesetzliche Regelung herbeiführen. Die dazu nötigen Beratungen haben begonnen und es liegen erste fraktionsübergreifende Vorschläge vor.

 

Zum jetzigen Zeitpunkt berate ich mich mit Kolleg:innen darüber, welche Vorschläge am ehesten geeignet sind, endlich eine belastbare gesetzliche Lösung herbeizuführen. Folgende Punkte sind mir dabei wichtig.

 

Ein Gesetz zum assistierten Suizid darf keine Sogwirkung entfalten. Damit ist es für mich bspw. wichtig, dass keine Werbung im herkömmlichen Sinne für die Sterbehilfe vorgenommen werden darf.

 

Die Abstände zwischen Beratung und Durchführung des assistierten Suizids müssen ausreichend lang sein, um Entscheidungen auch revidieren zu können.

 

Das Gesetz muss verhindern, dass Druck auf Familienmitglieder ausgeübt wird, „ihren Angehörigen nicht zur Last fallen zu wollen“. Damit geht für mich etwa einher, dass auch Einzelgespräche zwischen Patient:innen und Ärzten ohne die Anwesenheit von Familienmitgliedern in den Beratungsprozess integriert werden.

 

Eine weitere Bedingung ist die Einwilligungsfähigkeit des Patienten. Rechtswirksam einwilligen kann man nämlich nur in Maßnahmen, über die man genug weiß, um sich ein Urteil zu bilden.

 

Ich möchte abschließend hervorheben, dass in meinen Augen das Ziel des assistierten Suizids zugleich untrennbar mit einem der größten Probleme desselben verbunden ist. Die Maßnahme ist nicht umkehrbar. Menschen ändern ihre Meinungen oder irren sich. Die Irreversibilität der Sterbehilfe liegt aber in der Natur ihrer Sache.

 

An den nun anstehenden Beratungen zu den verschiedentlich vorliegenden Entwürfen werde ich mich intensiv beteiligen. Leider kann ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mitteilen, welchem Regelungsvorschlag von Fachkolleg:innen  ich schließlich folgen werde.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Jens Zimmermann

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