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Paul Lehrieder
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Frage von Brigitte S. •

Frage an Paul Lehrieder von Brigitte S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Lehrieder

Wie Ich sehe sind Sie auch Jahrgang !959 genau wie Ich .Und Sie hatten aber mehr Glück als Ich . Ich bin nämlich als Contergangeschädigter Mensch auf die Welt gekommen , und nicht auf der Sonnenseite des Lebens wie Sie .Ich habe aber noch Glück gehabt ,bei mir kugeln immer beide Schultern aus , meine Hüfte ist kaput ,mein rechtes Knie schon 3.mal unters Messer gewesen . Habe jeden Tag mit tierischen Schmerzen zu kämpfen und meine Kraft verabschiedet sich so langsam aus meinem rechten Arm aber sonst geht es mir gut . ? Nein werden Sie jetzt sagen ,aber das alles habe ich dem Schlafmittel Contergan zu verdanken . Wir Grünenthalopfer brauchen Ihre Unterstützung . Wir Conterganopfer die in unserem soziallen Staat Deutschland Leben werden mit einem so geringem Opfergeld entschädigt das ist nicht mehr schön . Warum bekommen die Conterganopfer in Großbritanien ,Italien ,Schweden mehr als in dem Verursacherland ist unser Leid weniger wert ? Was gedenken Sie dagegen zu tun ? Wie sehen Ihre Pläne aus ? Frau Blumenthal war in England zur Inforeise was ist daraus gekommen da ich leider keine Antwort von Ihr bekomme könnten Sie ja mal für mich nachfragen ! Ich habe jeden Tag tierische Schmerzen wo ich mit Leben muß körperliche Einschränkungen ,Finanzielle Einbußen und ich könnte diese Liste noch weiterführen . Bitte helfen Sie uns und mich das ich wenigstens einmal ein bisschen auf der Sonnenseite des Lebens stehe .

Mit freundlichem Gruß

Brigitte Speer

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Speer,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail, mit der Sie mich um Unterstützung bitten und fragen, was die Bundesregierung noch plant, um Contergan-Opfern zu helfen.

Ihre Situation und die anderer Contergan-Geschädigter berührt mich sehr. Trotz ihrer teilweise sehr schweren Behinderung haben sich die Conterganopfer in bewundernswerter Weise ihren Platz im Berufs- und Privatleben mit großem eigenen Engagement und Selbstbewusstsein erkämpft. Sie haben sehr unspektakulär und von der Öffentlichkeit relativ unbemerkt ihr Leben gemeistert. Vor dieser Haltung und der Lebensleistung contergangeschädigter Menschen habe ich den größten Respekt.

Die Kehrseite des unermüdlichen Einsatzes macht sich jetzt - wie in Ihrem Fall - nach der jahrelangen Fehlbelastung von Wirbelsäule, Gelenken und Muskulatur bemerkbar. Schmerzhafte Spät- und Folgeschäden schränken die Lebensqualität der Betroffenen zusätzlich erheblich ein.
Deshalb steht die Bundesregierung seit rund einem Jahr in einem sehr engen Dialog mit den Betroffenen, der Firma Grünenthal und der Conterganstiftung für behinderte Menschen. Es wurde gemeinsam nach Lösungen gesucht – und viel erreicht.

So wurden die Entschädigungsleistungen nicht nur um die ursprünglich vorgesehenen 5% erhöht, sondern verdoppelt. Seit dem 1.7.2008 beträgt der Höchstsatz 1.090 Euro – und nicht mehr wie bis dahin 545 Euro. Das bedeutet für die am schwersten Geschädigten zusätzliche Leistungen in Höhe von 6.540 Euro jährlich. Außerdem hat die Bundesregierung geregelt, dass die Entschädigungsleistung nicht auf andere Zahlungen, wie z. B. Erwerbsminderungsrenten, SGB II-Zahlungen oder Sozialgeld angerechnet wird.

Durch die Verdoppelung bringt der Bund künftig jährlich 31 Mio. Euro allein für die Entschädigungsleistungen auf. Insgesamt hat der Bund hierfür in den Jahren 1972 bis 2007 437,84 Mio. Euro bezahlt. Daneben stehen den Betroffenen selbstverständlich Leistungen aus dem SGB V (Krankenkassen), SGB IX (Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe), SGB XI (Pflegeversicherung), SGB XII (Sozialleistungen), SGB II (Leistungen im Falle von Arbeitslosigkeit), SGB VI (Erwerbsminderungsrenten) zu.

Außerdem werden CDU/CSU und SPD in den nächsten Wochen einen Gesetzentwurf zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes einbringen, der es ermöglicht, den Conterganopfern ab dem Jahr 2009 zusätzlich lebenslang eine jährliche Sonderzahlung von ca. 3.000 Euro auszuzahlen (die Höhe der Einmalzahlung richtet sich nach dem Schweregrad der Schädigung). Das Geld wird aus dem Stiftungsvermögen der Conterganstiftung aufgebracht, in die der Bund aus dem Kapitalstock 50 Mio. Euro einbringt. Weitere 50 Mio. Euro spendet die Firma Grünenthal, die das Medikament seinerzeit auf den Markt gebracht hat. Obwohl durch den 1971 zwischen den Eltern der Contergangeschädigten, der Firma Grünenthal und der Bundesregierung geschlossenen Vergleich jeder weitere Anspruch gegenüber der Firma ausgeschlossen ist, haben sich die Eigentümer freiwillig zur Beteiligung an weiteren Verbesserungen für die Situation der Geschädigten bereit erklärt.

Weitere Maßnahmen sind geplant: Der Deutsche Bundestag wird die Bundesregierung auffordern, Forschungsprojekte zu den Spätfolgen der Schädigung zu initiieren, eine interministerielle Arbeitsgruppe arbeitet an Vorschlägen zur Verbesserung der Kostenübernahme von Behandlungen bei Conterganschäden durch die Gesetzliche Krankenversicherung, das Bundesgesundheitsministerium versucht, durch Gespräche mit den verschiedenen Organisationen des Gesundheitswesens sicherzustellen, dass Contergangeschädigte alle Leistungen erhalten, die medizinisch geboten sind. Außerdem haben wir den Geschädigten zu ihrem längst überfälligen Anrecht auf einen Behindertenparkplatz verholfen.

Mit all diesen Maßnahmen haben wir die Probleme der Contergangeschädigten aufgegriffen und für konkrete Lösungen gesorgt. Dabei ist uns bewusst, dass alle Leistungen den Schaden für die Gesundheit und die seelische Belastung der Betroffenen nicht ausgleichen können. Wir wollen aber einen Beitrag leisten, das Leben mit einer schweren Behinderung besser meistern zu können.

Die am schwersten Geschädigten erhalten aus Bundes- und Stiftungsmitteln ab 2009 jährlich Aufwendungen in Höhe von ca. 16.000 Euro – steuerfrei und zusätzlich zu ihren sonstigen Einkünften -, die sie für Maßnahmen verwenden können, die die Sozialversicherungen nicht übernehmen.

Ich habe Verständnis dafür, dass Betroffene, die noch weitergehende Forderungen haben, ihren Protest äußern. Der Bund wird aber keine weiteren finanziellen Leistungen mehr übernehmen – nicht zuletzt aus Gründen der Gleichbehandlung gegenüber Menschen mit ähnlichen Behinderungen, die nicht durch die Einnahme von Thalidomid verursacht wurden, aber unter denselben Spätfolgen leiden.

Mit freundlichen Grüßen

Paul Lehrieder MdB

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